Seit rund einem Jahr muss sich der Deutsche Arbeitsmarkt mit der Corona Pandemie auseinandersetzen. In vielen Bereichen haben sich durch Corona neue rechtliche Fragestellungen ergeben, auch die Arbeitsgerichte müssen sich nun immer wieder mit Annexproblemen der Krise beschäftigen.
Heiß diskutiert wurde zuletzt die Frage, ob ein Arbeitgeber den Urlaubsanspruch seiner Mitarbeiter kürzen darf, wenn diese mehrere Monate in Kurzarbeit waren. Für beide Seiten ist diese Frage emotional aufgeladen. Für den Arbeitgeber ist es unverständlich, wenn die Arbeitnehmer mehrere Monate zu Hause verbringen und dann, wenn der Betrieb wieder anläuft, erst einmal Urlaub nehmen. Dem halten die Arbeitnehmer entgegen, dass Kurzarbeit kein Urlaub sei, weil man diese eben nicht geplant habe und deshalb auch nicht so verbringen würde, wie einen Urlaub. Zudem könne der Arbeitgeber die Kurzarbeit kurzfristig vorzeitig beenden, sodass es Arbeitnehmern nicht möglich sei, die freie Zeit zu verplanen.
Das Landesarbeitsgericht hatte jetzt über genau einen solchen Fall zu entscheiden, bei dem ein Arbeitnehmer in den Monaten Juni, Juli und Oktober bei Kurzarbeit “Null” zu Hause verbracht hatte und sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Frage stritten, ob dem Arbeitnehmer für diese drei Monate ein Urlaub zusteht.
Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des EuGH und Art. 7 Abs. 1 der EU - Richtlinie 2003/88/EG, wonach ein Urlaubsanspruch während “Kurzarbeit Null” nicht entsteht, versuchte das Gericht zunächst eine für den Arbeitnehmer günstigere nationale Regelung zu finden, wurde diesbezüglich aber nicht fündig. In der Folge entschied das Gericht, dass der Arbeitgeber den Urlaub des Mitarbeiters für jeden Monat Kurzarbeit um 1/12 des Urlaubsanspruchs kürzen durfte.
In seiner Begründung führt das Gericht aus, dass Sinn der Erholungsurlaubs sei, dass der Arbeitnehmer sich erholen muss. Dies setze eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Während der Kurzarbeit seien die beiderseitigen Leistungspflichten jedoch aufgehoben, daher müssten Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt werden. Hier ist anerkannt, dass deren Erholungsurlaub anteilig zu kürzen ist.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde allerdings zugelassen.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2021, Az: 6 Sa 824/20; Vorinstanz: Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 06.10.2020, Az: 1 Ca 2155/20
Martin Wagner, LL.M.
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht